In Deutschland erhalten etwas weniger als die Hälfte (46 %) aller Beschäftigten in der Privatwirtschaft Urlaubsgeld. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Online-Befragung des Internet-Portals Lohnspiegel.de, das vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung betreut wird.
Unter den Bedingungen der Corona-Krise sei das Urlaubsgeld in diesem Jahr für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besonders wichtig, sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Prof. Dr. Thorsten Schulten. „Viele Beschäftigte hoffen, nach der langen Zeit des Lockdowns im Sommer wieder in den Urlaub fahren zu können. Aber nicht alle werden sich dies auch leisten können. Gerade im Niedriglohnsektor haben viele Beschäftigte in Kurzarbeit teilweise empfindliche Einkommenseinbußen hinnehmen müssen. Wer da jetzt Urlaubsgeld bekommt, kann sich glücklich schätzen“, so Schulten.
Urlaubsgeld hängt von verschiedenen Faktoren ab
Ob ein Beschäftigter Urlaubsgeld erhält oder nicht, hängt von mehreren Faktoren ab. Der mit Abstand wichtigste ist die Tarifbindung. So erhalten 73 % der Beschäftigten in tarifgebundenen Unternehmen der Privatwirtschaft die Zahlung, gegenüber nur 35 % der Beschäftigten in Unternehmen ohne Tarifvertrag, zeigt die Studie, in die die Angaben von mehr als 57.000 Beschäftigten aus dem Zeitraum von Anfang Mai 2020 bis Ende April 2021 eingeflossen sind.
In Ostdeutschland wird nach wie vor deutlich seltener Urlaubsgeld gezahlt als in Westdeutschland. Während im Osten 33 % der Beschäftigten etwas erhalten, sind es im Westen 48 %. Schließlich erhalten es Männer mit 49 % häufiger als Frauen, von denen nur 41 % eine entsprechende Sonderzahlung bekommen.
Wie hoch fällt das Urlaubsgeld aus?
Die Höhe des tarifvertraglich vereinbarten Urlaubsgelds fällt je nach Branche sehr unterschiedlich aus: Zwischen 155 und 2.558 Euro bekommen Beschäftigte in der mittleren Vergütungsgruppe dieses Jahr als tarifliches Urlaubsgeld (ohne Berücksichtigung von Zulagen/Zuschlägen, bezogen auf die Endstufe der Urlaubsdauer). Das zeigt die aktuelle Auswertung des WSI-Tarifarchivs für 22 Tarifbranchen. Am wenigsten Urlaubsgeld bekommen Beschäftigte in der Landwirtschaft und im Hotel- und Gaststättengewerbe. Die höchsten Zahlungen erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter anderem in der Holz- und Kunststoffverarbeitung, der Metallindustrie, der Papier verarbeitenden Industrie, dem Kfz-Gewerbe, der Druckindustrie, im Versicherungsgewerbe, dem Einzelhandel, dem Bauhauptgewerbe und in der Chemischen Industrie.
Steigerungen bis zu 5,9 %
Gegenüber dem Vorjahr hat sich das tarifliche Urlaubsgeld in 7 von 22 untersuchten Branchen erhöht. Dies gilt insbesondere für diejenigen Branchen, in denen das Urlaubsgeld als bestimmter Prozentsatz der Tarifentgelte festgelegt wird, wie z.B. im Kfz-Gewerbe, in der Holz- und Kunststoff verarbeitenden Industrie, im Einzelhandel oder im Bauhauptgewerbe. Die Erhöhungen des Urlaubsgelds folgten demnach den allgemeinen Tariferhöhungen und lagen meistens zwischen 1,7 und 3,0 %. Den höchsten Zuwachs beim Urlaubsgeld gab es mit 5,9 % im ostdeutschen Gebäudereinigerhandwerk, womit zugleich die endgültige Angleichung an das Westniveau erreicht wurde.
(Hans Böckler Stiftung vom 28.05.2021 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)