Kurzarbeit hat während der Corona-Pandemie ein deutlich anderes „Profil“ bekommen als in vorherigen Wirtschaftskrisen. Erstmals haben beispielsweise kleine Betriebe das Instrument häufiger als größere genutzt, um durch die Krise zu kommen und Entlassungen zu vermeiden.
Während in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 Männer fast dreimal so häufig wie Frauen in Kurzarbeit waren (damals 6,3 % der männlichen vs. 2,3 % der weiblichen Beschäftigten in Deutschland), war im Juni 2020 die Quote unter beiden Geschlechtern mit jeweils rund 13 % Beschäftigten in Kurzarbeit beinahe gleich hoch. Das liegt wesentlich daran, dass in der Corona-Pandemie nicht nur Industriebetriebe stark betroffen sind, sondern auch viele Dienstleistungsbranchen.
Neue Studie zeigt neues Profil der Kurzarbeit
Im Vergleich zu vorherigen Wirtschaftseinbrüchen ist damit die gesamtwirtschaftliche Quote der Kurzarbeitenden sehr hoch, ebenso wie mit rund 50 % auch der Anteil, um den die Arbeitszeit im Durchschnitt reduziert wurde. Entsprechend groß ist die Bedeutung einer Aufstockung des Kurzarbeitergeldes, um Einkommensverluste zu reduzieren. In Betrieben mit Tarifvertrag und/oder Betriebsrat wird das Kurzarbeitergeld dabei fast doppelt so häufig aufgestockt wie in Betrieben, die nicht über Tarifbindung und/oder Mitbestimmung verfügen. Das sind wesentliche Ergebnisse einer neuen Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler Stiftung.
Gastgewerbe nutzte Kurzarbeit am häufigsten
Im Juni gaben 13 % der befragten Beschäftigten an, in Kurzarbeit zu sein. Differenziert man nach Branchen, war Kurzarbeit im Gastgewerbe mit Abstand am stärksten verbreitet. Gut 45 % der dort Beschäftigten befanden sich in Kurzarbeit. Es folgten das verarbeitende Gewerbe mit rund 20 % sowie der Verkehrs- und Logistikbereich mit gut 17 %. Unterdurchschnittlich oft wurde Kurzarbeit unter anderem im Gesundheits- und Sozialwesen (5 %), im Baugewerbe (knapp 4 %) und im öffentlichen Dienst (knapp 3 %) genutzt. Die starke Verbreitung in Branchen wie dem Gastgewerbe mit seinen vielen Kleinbetrieben spiegelt sich nach Analyse der Wissenschaftler in der Kurzarbeits-Quote nach Betriebsgröße wider: In Kleinstbetrieben mit weniger als fünf Beschäftigten waren knapp 17 % von Kurzarbeit betroffen, in großen Betrieben ab 2000 Beschäftigten waren es gut 11 %.
Verkürzte und verlängerte Arbeitszeiten
Auch jenseits von Kurzarbeit erlebten zahlreiche Befragte die krisenbedingte Verkürzung der Arbeitszeit. Insgesamt arbeiteten 21 % aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Sample im Juni weniger Stunden als normal. In einigen Branchen musste aber auch ein Teil der Beschäftigten seine Arbeitszeit ausweiten, um zusätzliche Nachfrage und Anforderungen während der Pandemie bewältigen zu können. Das betraf laut Pusch und Seifert etwa den Handel, wo 19 % der Befragten mehr arbeiteten als normal, während ebenfalls 19 % kürzer treten mussten. Im öffentlichen Dienst arbeiteten 17 % der Beschäftigten Pandemie-bedingt länger, bei 9 % erfolgte eine Reduzierung der Arbeitszeit. In beiden Bereichen fiel die Ausweitung der Arbeitszeit bei den von Mehrarbeit Betroffenen erheblich aus: Im Handel um durchschnittlich 5,7, im öffentlichen Dienst um 4,7 Wochenstunden.
(Hans-Böckler-Stiftung vom 14.10.2020/ Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)