Die Europäische Zentralbank hat den bedeutenden Instituten (Significant Institutions – SIs) unter ihrer Aufsicht erneut empfohlen, auf Dividendenausschüttungen und Aktienrückkäufe zu verzichten – zunächst bis zum 01.01.2021. Gleichzeitig kündigte sie an, ihre Haltung im vierten Quartal 2020 zu überprüfen.
Wie schon in ihrer Empfehlung im März vertritt die EZB den Standpunkt, dass ein Verzicht auf Dividenden und Aktienrückkäufe die Fähigkeit der Banken unterstützt, Verluste zu absorbieren und Kredite an die Realwirtschaft zu vergeben. Wie ihre aktuelle Anfälligkeitsanalyse (Vulnerability Analysis) zeige, könne die Höhe des Kapitals im System in einem ernsten Corona-Szenario deutlich sinken. Denn während sich das Gesamtkapital der Banken (CET1) im Basisszenario (Central Szenario) um etwa 1,9 Prozentpunkte auf 12,6 % verringere, gehe es im schweren Szenario (Severe Scenario) bis Ende 2022 um 5,7 Prozentpunkte auf 8,8 % zurück.
Zurückhaltung bei Vergütungszahlungen
In Bezug auf variable Vergütungszahlungen fordert die EZB die SIs auf, äußerst zurückhaltend zu sein. Das könne bedeuten, den Gesamtbetrag der variablen Vergütung zu verringern. Wenn das nicht möglich sei, sollten Zahlungen entweder aufgeschoben werden oder zumindest in Instrumenten wie etwa eigenen Aktien Berücksichtigung finden. Wie üblich werde die EZB die Vergütungspolitik der Banken im aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (Supervisory Review and Evaluation Process – SREP) im Hinblick darauf betrachten, wie sie sich auf die Kapitalbasis des Instituts auswirke.
Auch BaFin gegen Zahlung von Dividenden
Der Ansatz der EZB zu Dividenden und Vergütungen entspricht der Empfehlung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken ESRB. Auch die BaFin hat sich deutlich gegen die Zahlung von Dividenden in der Corona-Krise positioniert. Sie spricht sich nach wie vor dafür aus, dass Dividendenzahlungen nur sehr restriktiv gehandhabt werden sollten. Nach Ansicht der BaFin sollten Dividenden nur ausgeschüttet werden, wenn das jeweilige Institut über eine nachhaltig positive Ertragsprognose verfügt. Zudem sollte die Kapitalsituation auch in einer anhaltenden Stressphase weiterhin ausreichende Puffer ausweisen.
Banken sollen Kapital- und Liquiditätspuffer nutzen
Die EZB ermutigt die Banken weiterhin, ihre Kapital- und Liquiditätspuffer für Kreditvergabe- und Verlustabsorptionszwecke zu nutzen. Die Banken seien aber nicht verpflichtet, ihre Kapitalpuffer aufzufüllen, bevor der Höchststand der Kapitalerschöpfung (Capital Depletion) erreicht sei. Über den genauen Zeitplan werde nach dem EU-weiten Stresstest von 2021 bzw. individuell und fallweise entschieden. Gleiches gelte für die Liquiditätsdeckungsquote (Liquidity Coverage Ratio – LCR). Die EZB will sowohl bankspezifische als auch marktspezifische Faktoren berücksichtigen, wenn sie den Zeitplan für den Wiederaufbau von Liquiditätspuffern aufstellt.
Die EZB verpflichtet sich, den Banken die Möglichkeit zu geben, unter der Säule-2- und der kombinierten Pufferanforderung bis mindestens Ende 2022 und unter der LCR bis mindestens Ende 2021 zu operieren, ohne dadurch automatisch Aufsichtsmaßnahmen auszulösen.
(BaFin vom 04.08.2020/ Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)