Probleme bei der Urlaubsvertretung: Übergibt der vertretene Rechtsanwalt seinem Vertreter für die Vertretungszeit seine beA-Karte und seine PIN, spricht viel dafür, dass die Einreichung eines Schriftsatzes durch den Vertreter über beA mittels beA-Karte und PIN des Vertretenen unwirksam ist. Dies hat das Arbeitsgericht Lübeck festgestellt.
Im Streitfall hatte der Beklagtenvertreter auf die vom Gericht gesetzte Schriftsatzfrist hin einen Schriftsatz vorbereitet. Dieser endete aufgrund der Abwesenheit des Rechtsanwalts mit: „… (in seiner Abwesenheit unterzeichnet von B, Rechtsanwältin)“. Der Schriftsatz wurde sodann über den beA-Zugang des vertretenen Rechtsanwalts mittels dessen PIN – also nicht über eine Mitarbeiterkarte – ohne qualifizierte Signatur von der vertretenden Rechtsanwältin an das Gericht übersandt.
So funktioniert die zulässige elektronische Übermittlung
Eine zulässige elektronische Übermittlung von Schriftsätzen kann gem. § 46c Abs. 3 Arbeitsgerichtsgesetz (entspricht § 130a Abs. 3 Zivilprozessordnung) im Arbeitsgerichts- und Zivilprozess über eine qualifizierte Signatur oder über einen sicheren Übermittlungsweg (unter anderem beA für Rechtsanwälte mit deren beA-Karte) und einfacher Signatur (bloße Namenswiedergabe) erfolgen.
Problem bei der Urlaubsvertretung: Keine Identität zwischen beA-Account und Signierendem
Im Fall vor dem Arbeitsgericht krankte die Übersendung schon daran, dass keine Identität zwischen dem Übersender (beA-Account des Vertretenen) und der einfach Signierenden (Vertreterin) bestand. Gravierender ist allerdings die Weitergabe der persönlichen beA-Karte des Rechtsanwalts samt PIN an eine andere Person. Für die Unzulässigkeit dieser Vorgehensweise und damit einhergehend für die Unwirksamkeit des gerichtlichen Eingangs eines auf diese Weise elektronisch übermittelten Schriftsatzes sprechen nach Auffassung des Arbeitsgerichts Lübeck (Verfügung vom 19.06.2019 – 6 Ca 679/19) Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung – Sicherstellung der Identität des Einreichenden –, die Gesetzesentwurfsbegründung und die Pflichten des Rechtsanwalts aus der Verordnung über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer. Danach darf das Recht, nicht qualifiziert elektronisch signierte Dokumente über beA zu versenden, nicht auf Dritte übertragen werden. Überdies ist die dem Zertifikat zugehörige PIN geheim zu halten.
Konsequenz: beA-Zugang gesperrt
Die über den einzelnen Schriftsatz hinausgehende Konsequenz eines solchen Vorgehens ist nach Auffassung des Arbeitsgerichts Lübeck erheblich: Zumindest bis zur Änderung der PIN ist der betroffene Rechtsanwalt wegen Kompromittierung seiner Karte nicht in der Lage, über seinen beA-Zugang auf sicherem Übermittlungsweg wirksam Schriftsätze einzureichen.
(LAG Kiel, PM vom 19.07.2019 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)