Die meisten Arbeitgeber in Deutschland müssen mit unnötigen Mehrbelastungen durch die Reform der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) rechnen. Grund ist eine gesetzliche Unschärfe im Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG).
Die künftigen Pflichtzuschüsse durch das Unternehmen fallen ohne Anpassung der aktuellen Entgeltumwandlungsvereinbarungen zusätzlich zu bereits freiwillig gezahlten Förderungen an. Eine Möglichkeit zur Anrechnung ist bislang im Gesetz nicht erkennbar. Versicherer können dagegen mit signifikanten Haftungsproblemen gemäß § 6 VVG rechnen, wenn sie ihrer gesetzlichen Pflicht zur Nachberatung nicht nachkommen. Das zeigt eine aktuelle Markteinschätzung von Sopra Steria Consulting.
bAV: 15 Millionen Policen
Der Bestand an Verträgen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) in Deutschland umfasste 2017 mehr 15 Millionen Policen, so eine Statistik des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Viele Arbeitgeber fördern die Entgeltumwandlungen ihrer Mitarbeiter bereits jetzt freiwillig mit einem Zuschuss. Diese Zusagen hat jeder Arbeitgeber individuell vertraglich in Betriebsvereinbarungen oder Entgeltumwandlungsvereinbarungen festgelegt.
Neue Regeln mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz
Mit dem seit 01.01.2018 gültigen Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) ist eine umfassende bAV-Reform in Kraft getreten. Künftig werden unter anderem 15 % Arbeitgeberzuschuss zur bAV verpflichtend – ab 2019 für neue Verträge, ab 2022 auch für bestehende Policen, sofern sie nach §63 Abs. 3 EStG gefördert werden. Dieser BRSG-Pflichtzuschuss kann in der Höhe reduziert werden auf die tatsächliche Sozialversicherungsersparnis durch die Entgeltumwandlung des Mitarbeiters.
Fallstricke erkennen und vermeiden
Die Tücke im Gesetz: Nach aktuellem Stand können Unternehmen einen bislang freiwilligen Zuschuss nicht auf den künftigen BRSG-Pflichtzuschuss anrechnen – unabhängig davon, ob pauschal 15 % gezahlt werden oder ein reduzierter Zuschuss. Die Folge ist eine drohende und unnötige Doppelbezuschussung. „Betriebe, die bereits freiwillig einen Zuschuss zahlen, sollten ihre Zusagen prüfen“, sagt Christoph Jimenez-Ramos, bAV-Versicherungsexperte bei Sopra Steria Consulting. Auf der sicheren Seite sind Arbeitgeber, die bereits 2018 Vermeidungsmaßnahmen umsetzen, indem sie ihre Umwandlungsvereinbarungen anpassen. Hier greift das BRSG noch nicht, es herrscht Vertragsfreiheit für freiwillige Arbeitgeberzuschüsse. Für Maßnahmen ab 2019 besteht die Gefahr, dass eine Veränderung bei den Verträgen als ein Neuabschluss gewertet wird. „Dann könnte das Zögern des Arbeitgebers teuer werden, und ab 2022 bestehen kaum Vermeidungsmöglichkeiten mehr für unnötige Doppelzuschüsse“, so Jimenez-Ramos.
(Sopra Steria Consulting, PM vom 06.09.2018 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)