Drei von vier Bankmanagern in Deutschland sehen für die kommenden drei Jahre einen erheblichen Korrekturbedarf am Geschäftsmodell des eigenen Geldinstituts. Zudem verfügt derzeit weniger als jedes dritte Institut über eine ganzheitliche Digitalstrategie, zeigt die Studie „Branchenkompass Banking 2018“ von Sopra Steria Consulting und dem F.A.Z.-Institut.
Was in den Banken vielfach fehlt, ist ein digitales Gesamtkonzept. Zwar ist in jedem zweiten Institut Digitalisierung Chefsache. Allerdings bestätigen nur 39 % der befragten Bankenentscheider in ihrem Institut eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit oder eine gemeinsame Erarbeitung von Prozessen bei der Digitalisierung. Nur 22 % der Banken binden zudem alle ihre Mitarbeiter in den Digitalisierungsprozess ein und schulen sie auch entsprechend. „Banken benötigen neue Kombinationen aus Produkten und Dienstleistungen. Technologien und Daten werden die Treiber für die neuen Geschäftsmodelle sein. Dafür braucht es eine unternehmensübergreifende Strategie und Mitarbeiter, die sie mit Leben füllen und weiterentwickeln“, sagt Stefan Lamprecht, Division Director Banking und Mitglied der Geschäftsleitung von Sopra Steria Consulting.
Digitale Banking-Plattformen im Fokus
Als Option für eine Neuausrichtung rücken digitale Banking-Plattformen in den Fokus. Jede vierte Bank möchte künftig eine eigene Plattform betreiben und neben dem Angebot eigener Finanzprodukte ein Netzwerk bankfremder Produkt- und Vertriebspartner steuern. 93 % der befragten Bankmanager bestätigen, dass es in ihrer Bank eine Strategie zu Plattformen gibt. Das zeigt, wie wichtig den Instituten dieses Geschäftsmodell ist. 39 % sehen ein immenses Geschäftspotenzial darin, Kunden über eigene Plattformen umfassend zu begleiten und sich für bankfremde Produkte zu öffnen. 28 % der Banken streben den Aufbau eines eigenen digitalen Ökosystems an. Demgegenüber tendieren 35 % der Institute dahin, ihre Leistungen auf lukrativen Online-Marktplätzen zu integrieren. 30 % wollen zweigleisig fahren.
Die GAFA bringen sich langsam in Stellung im Banking
„Das Plattform-Business unterscheidet sich im Geschäftsmodell wesentlich vom traditionellen Banking und erfordert ein Umdenken“, so Lamprecht. „Eine reine Finanzdienstleistungsplattform wird aber nicht ausreichen, um genügend Kunden anzuziehen. Hierfür müssen Banken Partner aus einer Vielzahl von Branchen finden und deren Angebote optimal verknüpfen. Mehr als die Hälfte der befragten Bankentscheider befürchtet bereits, dass existierende Plattformen große Marktanteile zu Lasten der etablierten Kreditinstitute gewinnen werden. Der Start von Google Pay und Apple Pay hat die Branche aufhorchen lassen. Vor allem die globalen Technologiekonzerne Google, Amazon, Facebook und Apple (GAFA) werden nun von mehr Instituten als Bedrohung wahrgenommen als 2017. Das gilt auch für Vergleichsportale wie Check 24 und Verivox. Mehr als jeder dritte Bankmanager sieht diese Plattformen als Konkurrent durch ihre wachsende Kundenmacht. Bei der Befragung im Vorjahr waren es nur 26 %.
Digitalisieren im Sinne des Kunden
Mit einem bekannten strategischen Dreiklang wollen 70 % der Banken zusätzlich für Wachstum und Erträge sorgen: mehr Service, mehr Beratung, mehr Neukunden. Viele neue digitale Angebote wie mobile Zahlungsdienste, Multibanking-Apps sowie ein breiteres Angebot auf der eigenen Website spielen dabei eine wichtige Rolle. Jedes zweite Institut möchte künftig auch Bankprodukte von Fintechs und anderen Finanzpartnern vertreiben. Jede dritte Bank forciert die Einbindung branchenfremder Produkte, beispielsweise von Einzelhändlern. Ebenso viele wollen ihre Leistungen stärker extern vermarkten, beispielsweise Finanzierungen auf Händlerseiten. Dafür müssen die Banken die nötigen internen Voraussetzungen schaffen. Automatisierte Geschäftsprozesse sind für 64 % der Befragten von großer strategischer Bedeutung. Die Integration der Kommunikationskanäle (Multi-Channel-Banking) bleibt für 63 % der befragten Führungs- und Fachkräfte eine Baustelle. 41 % wollen mit durchgängig digitalisierten Abläufen Kosten senken und sich zudem so für die Zusammenarbeit mit Fintechs wappnen.
(Sopra Steria Consulting, PM vom 23.08.2018 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)