Das Oberlandesgericht München hat in drei Parallelverfahren über die wettbewerbs-, kartell- und urheberrechtliche Zulässigkeit einer Open Source-Software geurteilt, die Werbung auf Websites unterdrückt.
Die Klageparteien betreiben für die Nutzer kostenlose Internetseiten mit journalistischen Inhalten. Diesen Onlineauftritt finanzieren sie durch Werbung. Die Beklagte vertreibt seit dem Jahr 2011 eine für den Nutzer unentgeltliche Open Source-Software, die der Unterdrückung von Werbeeinblendungen beim Aufruf einer Internetseite dient.
Wie funktioniert ein Ad-Blocker wirtschaftlich?
Dabei besitzt das Programm selbst keine eigene Filter-Funktionalität, sondern muss mit Vorgaben ergänzt werden, welche Inhalte blockiert werden sollen. Diese sind in sogenannten Filterlisten („Blacklists“) enthalten, die dem Nutzer standardmäßig vorgeschlagen werden. Die Software ist nach dem Download so voreingestellt, dass nach ihren Kriterien („Whitelist“) als nicht störend eingestufte Werbung angezeigt werden kann. Jeder Webseitenbetreiber hat die Möglichkeit, am „Whitelisting“ der Beklagten teilzunehmen und seine Seiten von ihr freischalten zu lassen. Von Betreibern größerer Webseiten verlangt die Beklagte dafür eine Lizenzzahlung. Die Kläger haben in den Verfahren die Ansicht vertreten, dass der Einsatz der Software zu massiven Umsatzeinbußen führt, sie gezielt behindert und unlauter Druck auf sie ausübt, mit der Beklagten eine kostenpflichtige Vereinbarung über eine „Freischaltung“ von Werbeinhalten abzuschließen.
Keine verbotene aggressive Werbung
Vor dem Oberlandesgericht München hatten die Kläger keinen Erfolg (Urteile vom 17.08.2017 – 29 U 1917/16, U 2184/15 Kart, U 2225/15 Kart). Eine gezielte Behinderung liegt nicht vor. Darüber hinaus ist das Geschäftsmodell der Beklagten keine verbotene aggressive Werbung. Ein kartellrechtliches Verbot wurde nicht verhängt, weil die Beklagte nicht über eine marktbeherrschende Stellung auf dem Markt des Zugangs zu allen Internetnutzern für Werbung verfügt. Die von einer der Klägerinnen geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche scheitern daran, dass die Verwendung von Werbeblockern durch die Nutzer nicht rechtswidrig ist. Denn, indem die Klägerin den Nutzern den ungehinderten Zugang zu ihrem Internetauftritt bei Nutzung des Werbeblockers eröffnet lässt und lediglich die Bitte geäußert hat, auf die Verwendung von Werbeblockern zu verzichten, liegt aus der Sicht der Nutzer eine (schlichte) Einwilligung vor. Wegen einer abweichenden Entscheidung des OLG Köln zu den wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen wurde insoweit die Revision zugelassen.
(OLG München, PM vom 17.08.2017 / Viola C. Didier)